Der Vorwurf wiederholten Zuspätkommens kann i.d.R. nur den Ausspruch einer ordentlichen, nicht den einer fristlosen Kündigung rechtfertigen.  

Die klagende Mitarbeiterin einer Autovermietung hatte am 20.08.2021 mit zwei Kolleginnen zu einer Betriebsversammlung eingeladen. Dort sollte ein Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl gewählt werden. Am 27.08.21 kündigte die Arbeitgeberin fristlos und hilfsweise fristgerecht wegen wiederholten Zuspätkommens zur Arbeit trotz einschlägiger Abmahnung. Am 21.09.21 sollte die Betriebsversammlung stattfinden. Der Einladung waren rund 15 Beschäftigte gefolgt, der zu diesem Zweck angemietete Raum allerdings mit Blick auf die Coronaschutzvorschriften zu klein. Daraufhin wurde die Versammlung abgesagt, nachdem die Mitarbeiterinnen es abgelehnt hatten, diese in anderen, kurzfristig von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten abzuhalten. Dies nahm die Arbeitgeberin zum Anlass für eine weitere außerordentliche Kündigung vom 03.11.2021. Sie erhob den Vorwurf, dass die Mitarbeiterinnen absichtlich einen zu kleinen Raum anmieteten, um sicher zu sein, dass die Betriebsversammlung nur stattfinden kann, wenn kaum Beschäftigte der Einladung folgen und sie sich selbst zum Wahlvorstand hätten wählen können. Die Mitarbeiterinnen seien davon ausgegangen, dass durch die Absage der Betriebsversammlung der Weg zum ArbG offen stünde, um sich dort per Beschluss als Wahlvorstand einsetzen zu lassen. Am 09.12.2021 betrat die Mitarbeiterin ohne vorherige Absprache mit der Arbeitgeberin zusammen mit einer Kollegin den Backoffice-Bereich der Filiale und hängte dort eine neue Einladung zu einer Wahlversammlung aus. Hierauf kündigte die Arbeitgeberin, die in diesem Verhalten einen Hausfriedensbruch sah, erneut fristlos. Zudem habe sie beim Durchqueren der Filiale Kunden massiv verschreckt.

Das ArbG hat die außerordentlichen und auch die jeweils hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen als unwirksam erachtet. Der Vorwurf wiederholten Zuspätkommens könne i.d.R. nur den Ausspruch einer ordentlichen, nicht den einer fristlosen Kündigung rechtfertigen. Eine ordentliche Kündigung der Mitarbeiterin komme wiederum nicht in Betracht, weil sie als Initiatorin einer Betriebsratswahl besonderen Kündigungsschutz genieße und eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen sei. Die zweite fristlose Kündigung habe keinen Bestand, weil es für die von der Arbeitgeberin behaupteten Absichten der Mitarbeiterinnen keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte gebe. Die dritte Kündigung sei wiederum unwirksam, da die Mitarbeiterin zwar das Hausrecht der Arbeitgeberin verletzt habe, als sie – bereits fristlos gekündigt – unabgesprochen deren Betriebsräume betreten habe. Die Pflichtverletzung sei jedoch nicht so schwerwiegend, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne. Der Ausspruch einer Abmahnung wäre ausreichend gewesen, da das Erscheinen der Mitarbeiterin am Arbeitsplatz keine gravierenden Auswirkungen auf die Betriebsabläufe gehabt und aus ihrer Sicht der Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Rechte gedient habe. (ArbG Düsseldorf, Urt. v. 23.02.2022 – 10 Ca 4119/21; nrkr.)