Veräußert der Erbe das Familienheim innerhalb von zehn Jahren, entfällt die Erbschaftsteuerbefreiung auch dann, wenn der Auszug auf ärztlichen Rat hin aufgrund einer Depressionserkrankung erfolgt.

Die Klägerin beerbte ihren im Jahr 2017 verstorbenen Ehemann zur Hälfte. Zur Erbschaft gehörte auch das hälftige Miteigentum an dem bislang von den Eheleuten gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus. Ende 2018 veräußerte die Klägerin das Einfamilienhaus und zog im Jahr 2019 in eine zuvor erworbene Eigentumswohnung um. Das Finanzamt änderte daraufhin den Erbschaftsteuerbescheid und versagte die Steuerbefreiung für das Familienheim. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass sie nach dem Tod ihres Ehemannes unter Depressionen und Angstzuständen gelitten habe, insbesondere weil ihr Mann in dem Haus verstorben sei. Daraufhin habe ihr Arzt ihr geraten, die Wohnumgebung zu wechseln, weshalb sie aus zwingenden Gründen an einer weiteren Selbstnutzung gehindert gewesen sei.


Das FG ist dem nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Die Steuerbefreiung für ein Familienheim, das der Erbe innerhalb von zehn Jahren nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken nutze, falle nur dann nicht weg, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert sei. Derartige zwingende Gründe lägen bei der Klägerin nicht vor. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass die Depressionserkrankung und der Tod des Ehemannes im Einfamilienhaus die Klägerin zwar erheblich psychisch belastet hatten. Ein „zwingender Grund“ i.S.d. Gesetzes sei jedoch nur dann gegeben, wenn das Führen eines Haushalts schlechthin (etwa aufgrund von Pflegebedürftigkeit) unmöglich sei. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall gewesen. Eine solche restriktive Gesetzesauslegung der Rückausnahme zum Steuerbefreiungstatbestand sei auch verfassungsrechtlich geboten, da die Steuerbefreiung für Familienheime Grundeigentümer gegenüber Inhabern anderer Vermögenswerte bevorzuge. (FG Münster, Urt. v. 10.12.2020 – 3 K 420/20 Erb; Rev zugelassen)