Die Kündigung eines Schwerbehinderten kann in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses diskriminierend i.S.d. § 164 Abs. 2 SGB IX und damit unwirksam sein, wenn der Arbeitgeber das Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX nicht durchgeführt hat.
Der mit einem Grad der Behinderung von 80 schwerbehinderte Kläger ist seit dem 01.01.2023 bei der beklagten Kommune als „Beschäftigter im Bauhof“ beschäftigt. Der Kläger wurde zwischen dem 02.01. und 14.04.2023 in verschiedenen Kolonnen des Bauhofs eingesetzt und war ab Ende Mai arbeitsunfähig. Am 22.06.2023 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2023.
Das ArbG hat entschieden, dass die Kündigung gegen das Diskriminierungsverbot des § 164 Abs. 2 SGB IX verstößt und damit unwirksam ist. Der Arbeitgeber sei – entgegen bisheriger Rechtsprechung des BAG – auch während der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG verpflichtet, ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen. Dies ergebe die unionsrechtskonforme Auslegung der Norm. § 167 Abs. 1 SGB IX regelt, dass möglichst frühzeitig als Präventionsmaßnahme die Schwerbehindertenvertretung sowie das Integrationsamt einzuschalten sind, wenn Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, eintreten. Dies habe die Arbeitgeberin hier nicht getan. Sie hätte, als sie bemerkte, dass der schwerbehinderte Kläger sich während der Wartezeit – wie sie vorträgt – nicht bewährte bzw. sich nicht ins Team einfügte und ihren Erwartungen nicht entsprach, Präventionsmaßnahmen ergreifen und gegebenenfalls die Schwerbehindertenvertretung sowie das Integrationsamt präventiv einschalten müssen. (ArbG Köln, Urt. v. 20.12.2023 – 18 Ca 3954/23; nrkr.)